Moderator Thomas Gottschalk hat mit seinem TV-Abschied bei RTL ein Kapitel deutscher TV-Geschichte geschlossen – und zugleich ungewollt gezeigt, wie sehr sich das Fernsehen verändert hat. Statt großer Showeffekte dominierte eine Mischung aus Nostalgie, Müdigkeit und Momenten echter Nähe. Die Sendung wirkte stellenweise wie ein Blick hinter die Kulissen einer Branche, deren Glanz langsam verblasst. Gerade dadurch bekam der Abend eine besondere Ehrlichkeit: weniger Spektakel, mehr Zwischenzeilen – und am Ende eine private Geste, die stärker wirkte als jede große Inszenierung.
Thomas Gottschalks letzter TV-Abend wirkt erstaunlich nüchtern
Der Abschied war als glamouröse Show angekündigt, doch das Studio erinnerte eher an eine eilig aufgebaute Kulisse für einen spontanen Schülerauftritt. Die Produktion stand sinnbildlich für das lineare Fernsehen: früher strahlend, heute vor allem funktional. Gottschalk bewegte sich durch seine Abschiedspassge der Show wie ein ehemaliger Chef, der sein altes Büro noch einmal besucht. Zwischen brillanten Einfällen und fahrigen Momenten zeigte er sich authentisch, manchmal witzig, aber auch gezeichnet von seiner jüngsten Leidenszeit und der damit verbundenen Schwierigkeiten.
Nostalgie-Talk mit Günther Jauch und bröckelnde Show-Fassade
Im Zentrum des Abschieds stand ein Talk mit Moderator Günther Jauch, der in seiner ruhigen „Stern-TV“-Atmosphäre viele Fragen stellte. Das Gespräch wirkte stellenweise stark gestellt, doch immer wieder blitzte Gottschalks alte Spontanität auf. Die spätere Sofarunde um ein künstliches TV-Lagerfeuer aus Pappmaschee verstärkte den Eindruck eines Ausverkaufs der großen Show-Ära. Gottschalk kommentierte trocken, früher hätte in solcher Deko „wenigstens noch ein echtes Feuer gebrannt“ – ein Satz, der unfreiwillig zur Diagnose des aktuellen Zustands wurde.
Mike Krüger und der vergessene Liedtext als Sinnbild
Komiker und Musiker Mike Krüger, langjähriger Weggefährte Gottschalks, sorgte mit einem gleich zweimal vergessenen Liedtext für einen Moment, der zur treffenden Metapher geriet. Gottschalks Kommentar „Mike ist der nächste, der gehen muss“ lag irgendwo zwischen gewohntem Wortwitz, Galgenhumor und stiller Melancholie. Der Abend zeigte damit nicht nur den Abschied eines Moderators, sondern auch das langsame Auslaufen eines gesamten Unterhaltungsmodells, das einst den Samstagabend dominierte.
Karina Mroß wird zum emotionalen Mittelpunkt des Abends
Die stärkste Energie des Abends kam nicht von der Bühne, sondern aus dem Publikum: Karina Mroß, Gottschalks Frau, wurde zur emotionalen Hauptfigur. Während die Studiokulisse eher spärlich aussah, strahlte sie ihrem Thomas zu, warf Kusshände und formte Herzchen – kleine Gesten, die mehr Wärme transportierten als jede Showeinlage. Als sie ihn schließlich oben auf der letzten Showtreppe in Empfang nahm, wirkte der Moment ungewohnt ehrlich für das sonst streng durchinszenierte Entertainment-Business. Gottschalk kann am Ende auf zwei Dinge besonders stolz sein: seine einzigartige Karriere – und die neue Liebe, die ihn nun in ein privateres Leben begleitet.