Film- und Theaterregisseur sowie Aktivist Rosa von Praunheim ist im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben. Das bestätigte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) unter Berufung auf den engsten Freundeskreis des Künstlers, nachdem zunächst der „Stern“ berichtet hatte. Von Praunheim, der mit bürgerlichem Namen Holger Radtke hieß, prägte mit seinen Werken über Jahrzehnte die deutsche Film- und Theaterlandschaft. Gleichzeitig war er eine der wichtigsten Stimmen der Schwulenbewegung in Deutschland – unbequem, laut, politisch und mit einem unverwechselbaren künstlerischen Stil.

Rosa von Praunheim heiratet kurz vor seinem Tod

Nur wenige Tage vor seinem Tod hatte der Regisseur einen zutiefst persönlichen Moment erlebt: Er heiratete seinen langjährigen Lebensgefährten Oliver Sechting. Die Trauung fand im Rathaus Schmargendorf in Berlin statt, im kleinen Kreis enger Freunde und Weggefährten.

„Wir haben im Kreis enger Freunde und Weggefährten geheiratet, nachdem ich ihm im September einen Heiratsantrag gemacht hatte“, so von Praunheim. Auf Instagram teilte er dazu ein Foto zweier Hände mit Ringen und kleinen türkisfarbenen Fröschen – ein verspieltes Detail, das seine Freude und seinen Humor zeigte.

Wegbereiter der deutschen Schwulenbewegung

Rosa von Praunheim wurde am 25. November 1942 als Holger Radtke in Riga geboren. Nach dem frühen Tod seiner leiblichen Mutter wuchs er bei Adoptiveltern in Deutschland auf. Sein Künstlername verwies bewusst auf den „rosa Winkel“, das Kennzeichen zur Stigmatisierung homosexueller Männer im Nationalsozialismus, und auf den Frankfurter Stadtteil Praunheim.

Mit mehr als 150 Kurz- und Langfilmen schrieb er Filmgeschichte und wurde zu einer Schlüsselfigur des queeren Aktivismus. Seine Arbeiten verbanden politisches Engagement mit einer oft provokanten, experimentellen Bildsprache.

Kultfilm „Nicht der Homosexuelle…“ verändert Debatte

Anfang der 1970er-Jahre setzte von Praunheim einen Meilenstein: Mit der Filmdokumentation „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ brachte er die Diskriminierung homosexueller Menschen in die breite gesellschaftliche Debatte. Der Film gilt bis heute als Startsignal für die moderne Schwulenbewegung in Deutschland.

Auch sein Streifen „Die Bettwurst“ von 1971 entwickelte sich zum Kultfilm. Für sein Gesamtwerk erhielt von Praunheim zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises. Er galt als prägende Figur des queeren Films, die künstlerische Freiheit stets mit politischer Haltung verband.

Umstrittenes Outing von Hape Kerkeling und Alfred Biolek

Neben seinen Filmen sorgte besonders ein TV-Auftritt für lang anhaltende Diskussionen: In der Live-Talkshow „Explosiv – Der heiße Stuhl“ auf RTL erklärte von Praunheim am 10. Dezember 1991 Entertainer Hape Kerkeling und Moderator Alfred Biolek gegen deren Willen öffentlich für homosexuell.Dieses unfreiwillige Outing löste einen massiven Medienecho-Skandal aus und gilt bis heute als prominentes Beispiel für Zwangsouting in Deutschland.

Während viele sein Engagement für Sichtbarkeit würdigten, wurde sein Vorgehen scharf kritisiert. Gerade diese Spannungen machten deutlich, wie sehr Rosa von Praunheim mit seinem kompromisslosen Auftreten Debatten anstieß – und damit die deutsche TV- und Filmgeschichte nachhaltig prägte.