Die offizielle Marke von 67 Jahren prägt die Rentenpolitik, doch im Arbeitsalltag spielen andere Zahlen die Hauptrolle. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verabschieden sich im Schnitt bereits mit 64,4 Jahren aus dem Berufsleben, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ermittelt hat. Damit liegt der reale Rentenbeginn mehrere Jahre unter der Regelaltersgrenze – mit direkten Folgen für das Rentenniveau. Denn jeder vorgezogene Monat mindert die gesetzliche Rente dauerhaft. Besonders betroffen sind Tätigkeiten mit hoher körperlicher oder psychischer Belastung und niedrigen Löhnen, in denen gesundheitliche Probleme und Erschöpfung früher zuschlagen.

Sicherheitsberufe gehen im Schnitt mit 61,8 Jahren

Am frühesten steigen Beschäftigte in Sicherheitsberufen aus. Feuerwehrleute, Polizisten, Soldaten und Wachpersonal beenden ihre Erwerbstätigkeit durchschnittlich mit 61,8 Jahren, wie Bild berichtet.

Schichtdienst, unregelmäßige Einsatzzeiten und ständige Alarmbereitschaft wirken sich langfristig auf Gesundheit und Belastbarkeit aus. Hinzu kommen erhöhte Risiken für Unfälle und Traumata. Für viele Betroffene ist ein Durchhalten bis zur gesetzlichen Altersgrenze faktisch nicht realistisch.

Die Folge sind häufig vorgezogene Renten mit Abschlägen oder Übergänge in Erwerbsminderungsrenten, wenn der Gesundheitszustand eine Weiterarbeit unmöglich macht.

Bau, Logistik, Reinigung: Harte Arbeit, frühes Berufsende

Auch im Baugewerbe, in der Logistik, in Reinigungsdiensten, im Handel und in Teilen der industriellen Fertigung verkürzt die tägliche körperliche Beanspruchung die Erwerbsbiografie deutlich. Schwere Lasten, Arbeiten über Kopf, ungünstige Körperhaltungen, Kälte oder Hitze und ein höheres Unfallrisiko schlagen sich über Jahre in Rücken, Gelenken und Herz-Kreislauf-System nieder.

Gleichzeitig liegen die Einkommen in vielen dieser Tätigkeiten vergleichsweise niedrig. Wer früh aussteigt, muss deshalb mit besonders spürbaren Abschlägen leben, weil kaum Spielraum für zusätzliche private Vorsorge bestand. Für viele Beschäftigte dieser Branchen wird Altersarmut zu einem realen Risiko.

Dachdecker und Landwirte überraschen beim Rentenalter

Bemerkenswert sind die Unterschiede innerhalb körperlich fordernder Tätigkeiten. So kommen Dachdecker im Durchschnitt auf ein Renteneintrittsalter von 63,5 Jahren und liegen damit über vielen Büroberufen wie Callcenter-Agenten oder Controllern, die im Mittel bei 63,2 Jahren aussteigen. Landwirte und Gärtner erreichen mit 64,1 Jahren sogar Werte nahe am allgemeinen Durchschnitt.

In diesen Berufen spielen häufig selbstständige Strukturen, Familienbetriebe und flexible Übergänge in den Ruhestand eine Rolle. Viele reduzieren schrittweise ihre Arbeitszeit oder übergeben den Betrieb an die nächste Generation, bleiben jedoch weiter tätig – etwa stundenweise oder saisonal.

Wer bis 67 arbeitet, bleibt oft länger aktiv

Ein zentraler Befund: Wer das reguläre Rentenalter erreicht, bleibt statistisch häufiger auch danach beruflich aktiv. Laut Focus arbeiten 52 Prozent jener, die bis zur Regelaltersgrenze durchhalten, im Ruhestand weiter – oft im bisherigen Beruf oder in verwandten Tätigkeiten. Insgesamt sind etwa 38 Prozent aller Rentner noch erwerbstätig.

Besonders verbreitet ist dies in Bereichen mit guten Arbeitsbedingungen, höherer Qualifikation und flexiblen Arbeitszeiten, etwa in IT, Beratung oder kreativen Berufen. Für viele ist die Weiterarbeit eine Mischung aus finanzieller Notwendigkeit und Wunsch nach sozialer Teilhabe – mit zusätzlichen Einkünften, aber auch höheren Anforderungen an Gesundheit und Belastbarkeit im Alter.