Die WhatsApp-Nachricht um 6:30 Uhr trifft viele Familien hart: „Kita bleibt heute geschlossen.“ Streik, Grippewelle oder Personalmangel legen die Betreuung lahm – und mit ihr den Arbeitstag zahlreicher Eltern. Während früher oft nur unbezahlter Urlaub oder kurzfristige Diensttausch-Aktionen blieben, rücken heute ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch und digitale Arbeitsmodelle in den Fokus. Rund 90 Prozent der Firmen bieten laut Branchenangaben inzwischen flexible Arbeitsformen an, häufig fehlen aber passende Prozesse, Softwarelösungen und Wissen über die rechtlichen Spielräume. Genau an dieser Schnittstelle entstehen große Unterschiede im Alltag berufstätiger Eltern.
Paragraph 616 BGB: Bezahlte Freistellung auf Zeit
Bei einer unerwarteten Schließung der Betreuungseinrichtung greift für Angestellte ein häufig unterschätztes Recht. Paragraph 616 BGB ermöglicht eine bezahlte Freistellung, wenn Beschäftigte kurzfristig und unverschuldet an der Arbeit gehindert sind – etwa weil die Kita spontan schließt. Arbeitsrechtlerin Livia Merla erläutert laut morgenpost.de, dass diese Freistellung üblicherweise nur für wenige Tage gilt, meist drei bis fünf Arbeitstage.
In dieser Phase bleibt der Lohnanspruch bestehen. Anders sieht es bei planbaren Schließzeiten aus, etwa Ferienwochen, die lange im Voraus angekündigt sind. Hier kann die Zahlungspflicht entfallen, weil Eltern Alternativen organisieren sollen. Zusätzlich spielt eine Rolle, ob Paragraph 616 BGB im Arbeits- oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ganz gestrichen wurde.
Digitale Freiräume: Homeoffice statt unbezahlter Auszeit
Neben der juristischen Basis entscheiden betriebliche Regelungen und Technik darüber, ob eine Kita-Schließung zum Krisenfall wird oder sich auffangen lässt. Hybride Arbeitsmodelle mit Homeoffice-Anteil, flexiblen Kernarbeitszeiten und digitaler Zeiterfassung erlauben es, die Arbeitszeit um Schlaf- und Ruhephasen der Kinder zu legen.
Laut rnd.de weist Fachanwalt Alexander Bredereck darauf hin, dass Angestellte bei geschlossener Kita keine Kündigung befürchten müssen, wenn die Betreuung objektiv nicht anders zu lösen ist. Paragraph 275 BGB sieht in solchen Konstellationen die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung vor. Unternehmen, die auf Cloud-basierte Kollaboration und virtuelle Meetings setzen, können Aufgaben stärker asynchron organisieren – etwa durch Ticket-Systeme, digitale Projektboards und klar definierte Deadlines statt starrer Präsenzzeiten.
Kinderkrankentage greifen nur bei Erkrankung
Viele Eltern vermuten bei geschlossenen Betreuungseinrichtungen zunächst einen Anspruch auf Kinderkrankentage. Arbeitsrechtler Marcus Iske stellt laut wiwo.de klar, dass diese nur gelten, wenn das Kind tatsächlich krank ist. Kinderkrankengeld nach Sozialgesetzbuch wird von der Krankenkasse gezahlt, wenn eine ärztliche Bescheinigung vorliegt und das Kind zuhause gepflegt werden muss.
Streiks, Personalmangel oder Quarantäne der Kita ohne Erkrankung des Kindes fallen nicht darunter. In solchen Fällen bleiben als Optionen die kurzfristige Freistellung über Paragraph 616 BGB, Urlaubstage oder flexible Arbeitszeitmodelle. Für Eltern lohnt sich der Blick in Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und gegebenenfalls Tarifvertrag, um zu klären, welche Rechte und Möglichkeiten konkret bestehen.
Digitale Tools entscheiden über Arbeitgeberattraktivität
Die Betreuungskrise wirkt wie ein Praxischeck für die digitale Organisation von Arbeit. Firmen, die schon vor der Pandemie auf Cloud-Lösungen, VPN-Zugänge und strukturierte Workflows gesetzt haben, können bei geschlossenen Kitas rasch reagieren: Aufgaben werden priorisiert, Meetings verschoben oder in kurze Online-Slots aufgeteilt, und Status-Updates laufen über Projektmanagement-Software statt in langen Präsenzrunden.
Für Eltern enorm wichtig, denn die Möglichkeit, remote zu arbeiten, kann darüber entscheiden, ob ein Kita-Streik zur existenziellen Belastung wird oder sich mit vertretbarem organisatorischem Aufwand bewältigen lässt.