Die Debatte um das nächste große Rentenkonzept nimmt Fahrt auf. Nach dem beschlossenen Rentenpaket forciert Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas ein Modell, bei dem nicht mehr allein das Lebensalter über den Ruhestand entscheidet, sondern die Zahl der eingezahlten Versicherungsjahre. Menschen, die früh ins Berufsleben starten, könnten dadurch deutlich eher aufhören. Wer dagegen erst spät in einen gut bezahlten Beruf einsteigt, müsste länger arbeiten. Laut „t-online.de“ geht die Idee auf eine Empfehlung des Ökonomen Jens Südekum zurück, Berater von Finanzminister Lars Klingbeil. Er plädiert dafür, die Lebensarbeitszeit stärker in den Mittelpunkt zu stellen.
47 Beitragsjahre als mögliche Grenze
Im Raum steht eine Schwelle von 47 Pflichtversicherungsjahren. Nach Angaben, über die das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ berichtet, könnte jeder, der diese Spanne erreicht, ohne weitere Abschläge in den Ruhestand gehen. Südekum argumentiert, eine „Rente mit 70 für alle“ sei „falsch“, gerechter sei eine Mindestzahl an Beitragsjahren. Wer mit 16 Jahren eine Ausbildung beginnt und ohne Unterbrechung arbeitet, hätte die 47 Jahre mit 63 voll. Wer dagegen erst mit 25 ins Berufsleben einsteigt, wäre rechnerisch erst mit 72 rentenberechtigt. Damit würde das Startalter im Job zu einem der wichtigsten Faktoren für den tatsächlichen Ausstieg.
Belastete Berufe vs. Akademikerlaufbahn
Der Vorschlag reagiert auf sehr unterschiedliche Erwerbsbiografien. Handwerker oder Pflegekräfte, die ab 16 oder 18 Jahren körperlich arbeiten, erreichen hohe Beitragszeiten, kämpfen aber im Alter häufig mit gesundheitlichen Problemen. Für sie könnte ein früherer Ausstieg ein Entlastungseffekt sein. Akademiker, die erst nach Studium oder Promotion einzahlen, verschieben dagegen ihren Rentenbeginn weit nach hinten. „Akademiker zahlen deutlich später in die Rentenkasse ein als jemand, der mit 16 oder 18 Jahren eine Lehre beginnt und dann durcharbeitet“, so Südekum nach Angaben von faz.net. Für gut ausgebildete Fachkräfte würde das Modell also faktisch auf Arbeiten bis über 70 hinaus hinauslaufen.
Bas fordert kompletten Neustart des Systems
Bärbel Bas stellt das Konzept in einen größeren Umbau der Altersvorsorge. In den ARD-„Tagesthemen“ kündigte die Ministerin an, es reiche nicht, „nur an zwei Schräubchen zu drehen“, vielmehr sei ein „ganz neues System“ notwendig. Sie verweist auf Länder wie Schweden, die Niederlande, Dänemark und Österreich, die bereits weitreichend umgebaut haben. Dort orientieren sich Rentenformeln stärker an Beitragskarrieren, Erwerbsquoten und zusätzlicher kapitalgedeckter Vorsorge. Bas verlangt eine „mutige Reform“, die langfristig tragen und alle Generationen berücksichtigen soll. Die große demografische Belastung durch die Babyboomer-Generation sieht Südekum erst noch auf die Kassen zukommen.
Rentenkommission bis 2026, junge Generation eingebunden
Noch vor Weihnachten soll eine neue Rentenkommission starten, in der Politik, Wissenschaft und ausdrücklich auch die junge Generation vertreten sein sollen. Laut Berichten von „t-online.de“ wird erwartet, dass auch die Junge Gruppe der Unionsfraktion mit am Tisch sitzt, die das jüngste Rentenpaket abgelehnt hatte. Bas betont, es dürfe in dieser Runde „keine Denkverbote“ geben: Diskutiert werden sollen Renteneintrittsalter, Kreis der Einzahler und zusätzliche Einnahmequellen. Bis Mitte 2026 sollen Vorschläge vorliegen, die zügig in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen sollen. Für Beschäftigte heißt das: Das individuelle Erwerbsprofil – Ausbildungsbeginn, Unterbrechungen, Arbeitszeit – könnte künftig noch direkter über den Ruhestand entscheiden.