Zum 1. Januar soll die Aktivrente starten: Rentner, die über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus in einem Angestelltenverhältnis arbeiten, dürfen dann bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Ausgenommen sind jedoch Personen mit Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit – etwa Anwälte, Architekten, Künstler oder andere Freiberufler. Genau diese Differenzierung hält der Bund der Steuerzahler (BdSt) für verfassungswidrig. Verbandspräsident Reiner Holznagel kritisiert die Konstruktion als „unfair“ und beruft sich auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, laut Bild.
Holznagel: „Aktivrente schließt Freiberufler systematisch aus“
Reiner Holznagel, Präsident des BdSt, kündigt eine Klagewelle an: „So wie sie angelegt ist, ist die Aktivrente unfair. Sie schließt Freiberufler und Selbstständige aus. Wir werden deshalb im ersten Quartal 2026 die Klage einreichen und wollen bis zum Bundesverfassungsgericht damit“, so Holznagel. Besonders hart treffe die Regelung Ältere, die jahrelang freiwillig in die Sozialkassen eingezahlt hätten und trotzdem keinen Zugang zum Steuerbonus bekommen. Als Gegenbeispiel verweist der BdSt-Chef auf Österreich, wo ein vergleichbares Modell sowohl Beschäftigte als auch selbstständig Tätige einbindet.
Steuerbonus nur für Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit
Die Aktivrente ist als reine Steuervergünstigung ausgestaltet: Steuerfrei bleiben laut Gesetzentwurf ausschließlich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Einkommensteuergesetz. Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit sind explizit ausgeschlossen, berichtet fr.de. Die Merz-Regierung argumentiert, bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung älterer Arbeitnehmer liege das größte Potenzial, um mehr Menschen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in Arbeit zu halten. Bei Selbstständigen sei die Weiterarbeit im höheren Alter ohnehin bereits überdurchschnittlich verbreitet, weshalb der zusätzliche steuerliche Anreiz dort als weniger notwendig dargestellt wird.
Linke kritisiert Ungleichbesteuerung und Altersarmut bei Selbstständigen
Die Linksfraktion im Bundestag hält diese Begründung für unzureichend. Steuerpolitikerin Doris Achelwilm nennt den Ausschluss der Selbstständigen „absolut nicht nachvollziehbar“ und spricht von einer „Ungleichbesteuerung“ von Einkünften. Viele Selbstständige arbeiteten im Rentenalter nicht aus freien Stücken weiter, sondern mangels ausreichender Altersvorsorge, etwa wegen fehlender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, analysiert die Fraktion. Wer ohnehin aus finanzieller Not über die Regelaltersgrenze hinaus tätig sein müsse, gehe bei der Aktivrente komplett leer aus und fühle sich steuerlich doppelt benachteiligt.
Kritik an Steuergeschenk für Besserverdienende und Wirkungskontrolle
Laut Regierungsangaben könnten im Jahr 2026 grundsätzlich rund 320.000 Steuerpflichtige von der Aktivrente erfasst werden, tatsächlich entlastet würden schätzungsweise 285.000 Personen. Nach Angaben der Linksfraktion profitiert vor allem die obere Einkommensgruppe, da sozialversicherungspflichtig beschäftigte Rentner häufiger zu den Besserverdienenden zählen. Minijobber erhalten keinen Vorteil aus der Steuerfreistellung. Rentenexpertin Sarah Vollath spricht von einem „Steuergeschenk für Besserverdienende“ und bemängelt fehlende klare Ziele, in welchen Branchen der Fachkräftemangel bekämpft werden soll. Die Bundesregierung will die Wirkungen der Aktivrente zwei Jahre nach Inkrafttreten evaluieren und bis Ende 2029 prüfen, ob die Erwerbstätigenquote Älterer tatsächlich gestiegen ist.